Basketballerinnen Arm in Arm: Eine Studie zeigt, dass Berührungen im Sport zu besseren Leistungen führen können.
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Basketballerinnen Arm in Arm: Eine Studie zeigt, dass Berührungen im Sport die Leistungen verbessern können.

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Körperkontakt: Warum Berührungen beim Sport erfolgreicher machen

Einer neuen Studie zufolge können Berührungen wie Schulterklopfen oder Abklatschen den Erfolg von Basketballerinnen steigern. Allerdings nur unter gewissen Voraussetzungen. Welche sind das und warum sind Berührungen so wichtig – nicht nur beim Sport?

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Ein Schulterklopfen, ein Abklatschen oder eine Berührung am Rücken: Können solche Körperkontakte unter Basketballerinnen ihre Leistungsfähigkeit während eines Spiels steigern? Dieser Frage ist Christiane Büttner von der Universität Basel nachgegangen. Dafür wertete die Psychologin gemeinsam mit Kollegen von der Universität Kaiserslautern und der Purdue University in Indiana, USA, Videos von 60 Partien von Frauen-Basketballmannschaften der "National Collegiate Athletic Association" (NCAA) in den Vereinigten Staaten aus. Im Fokus der Analyse standen Berührungen vor und zwischen zwei Freiwürfen [externer Link].

Schulterklopfen stärkt den Freiwurf

Im Basketball werden nach einem Foul häufig zwei Freiwürfe hintereinander gewährt. Die Forscher zählten, wie viele Teamkolleginnen die werfende Spielerin vor einem Wurf berührten – zum Beispiel in Form eines Schulterklopfens. Das Ergebnis: Für den Erfolg des ersten Freiwurfs spielen Berührungen kaum eine Rolle.

Anders ist der Effekt, wenn der erste Wurf danebengeht. Dann haben Berührungen vor dem zweiten Freiwurf einen großen Einfluss auf die werfende Spielerin. "Wenn mehr Teamkolleginnen die Schulter oder den Rücken der Spielerin, die wirft, berührt haben, dann wurden die Chancen, dass die Spielerin den Freiwurf schafft, signifikant erhöht", erklärt Christiane Büttner.

Körperkontakt baut Stress ab

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler führen ihre Ergebnisse auf das Stresslevel der Basketballspielerinnen zurück. Nach einem Fehlwurf waren die Spielerinnen in der Regel nervöser. Die Unterstützung von Teamkolleginnen durch Berührungen helfe demnach besonders, wenn das Stressniveau bereits besonders hoch ist.

Trotzdem warnt Christiane Büttner davor, das Schulterklopfen per Trainerdekret anzuordnen. "Wir Menschen sind sehr gut darin, festzustellen, wenn jemand nicht ehrlich ist mit uns, wenn Emotionen nur gespielt sind, und ich glaube, dass diese Berührung auch wirklich nur hilft, wenn man es ernst meint", erklärt die Psychologin. Eine bessere Strategie sei es, den Teamzusammenhalt allgemein zu fördern. Dann könnten auch die Berührungen einen stärkeren Effekt zeigen.

Körperkontakt verbessert kindliche Entwicklung

Schon lange ist aus der Forschung bekannt: Berührungen können Stress reduzieren. Die Voraussetzung ist jedoch, dass die Berührungen von beiden Seiten erwünscht sind. Körperkontakt ist für Menschen sogar überlebensnotwendig. Besonders wichtig sind Berührungen für Säuglinge und Kinder: Sie entwickeln sich dann besser und bleiben gesünder.

"Wenn Mütter ihre Kinder in den Arm nehmen, dann führt das dazu, dass das Gewicht stärker zunimmt und auch entsprechend die Sterblichkeit verringert wird. Das ist eine ganz einfache Möglichkeit, um die Kindersterblichkeit zu reduzieren", sagt Julian Packheiser von der Universität Bochum. Der Neurowissenschaftler hat in einer 2024 veröffentlichten Metaanalyse [externer Link] über die Bedeutung von Berührungen 130 Studien mit rund 10.000 Teilnehmern ausgewertet. Bei Kindern seien im Gegensatz zu Erwachsenen vor allem die Berührungen von bekannten Personen wie Eltern wirksamer als diejenigen von Pflegepersonal.

Berührung sorgt für Wohlbefinden und kann Schmerz lindern

Auch für Erwachsene ist Körperkontakt essenziell: Berührungen haben positive Effekte auf den Blutdruck, die Herzfrequenz und können sogar nachweislich Schmerzen reduzieren. Der Grund: Bei angenehmen Berührungen wird das Hormon Oxytocin ausgeschüttet. Oxytocin, auch "Kuschelhormon" genannt, kann dafür sorgen, dass Stresshormone wie Cortisol abgebaut werden.

"Die stärksten Effekte haben wir bei der Schmerzreduktion gesehen. Zum Beispiel, wenn Leute an akuten Schmerzen gelitten haben und sich eine Berührung abgeholt haben. Das kann eine Massage, eine Umarmung oder ein Streicheln gewesen sein. Schmerzen waren tatsächlich sehr, sehr gut in den Griff zu bekommen", erläutert Julian Packheiser, Leiter der Metastudie zur Bedeutung von Berührung. Wissenschaftler vermuten, dass Oxytocin als "körpereigene Schmerzbremse" wirke, schreibt auch das Deutsche Krebsforschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft (DKFZ).

Berührungen helfen bei Ängsten und Depressionen

Davon auszugehen, dass Berührungen Schmerzmittel ersetzen könnten oder dass Oxytocin ein Liebeshormon ist, sei hingegen zu kurz gefasst. "Aber was wir eben wissen, ist, dass zum Beispiel bei der Geburt das Hormon Oxytocin sehr stark ausgeschüttet wird und es eben auch zu einer stärkeren Bindung zwischen Eltern und Kind, also spezifisch dann auch zwischen Mutter und Kind führt. Und dieses Hormon wird eben auch bei Berührung explizit ausgeschüttet", erklärt Packheiser.

Ebenfalls wohltuend wirkt Oxytocin bei Ängsten und Depressionen. Und: Das Hormon kann das menschliche Sozialverhalten positiv verändern.

Roboter sind kein Ersatz für menschlichen Körperkontakt

Das Spüren, der Tastsinn, ist ein wichtiger Aspekt im menschlichen Leben. "Der Mensch kann blind und taub zur Welt kommen und dennoch alt werden. Mit dem Fühlen ist es anders", erklärt der Psychologe Martin Grunwald, Leiter des Haptiklabors an der Universität Leipzig. Deshalb haben sogar Kissen, Decken und weiche Stühle einen positiven Einfluss auf uns. Bereits heute werden Roboter in Pflegeheimen eingesetzt, um das Wohlbefinden der Bewohner zu verbessern.

Dennoch ist menschliche Berührung bisher nicht gänzlich ersetzbar. "Wenn es um die physische Gesundheit geht, also Schmerzreduktion oder auch die Reduktion von Stresshormonen – da waren diese Roboter eigentlich genauso gut wie andere Menschen. Wenn es aber um die geistige Gesundheit geht, die Reduktion von Angst oder Depression, da waren die Roboter tatsächlich schlechter", fasst Julian Packheiser zusammen.

Ausschlaggebend sei auch nicht die Länge der Berührung: Auch kurze Berührungen, wenn sie öfter stattfinden, haben einen positiven Effekt.

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